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Krimi

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Collini

Ferdinand von Schirach – Der Fall Collini
Piper Verlag
208 Seiten
ISBN: 9783492054751
16,99 €

Zum Autor:
Ferdinand von Schirach, geboren 1964 in München, arbeitet seit 1994 als Anwalt und Strafverteidiger in Berlin. Zu seinen Mandanten gehören Industrielle, Prominente, Angehörige der Unterwelt und ganz normale Menschen. Mit seinem Debüt “Verbrechen” gelang ihm 2009 auf Anhieb der Durchbruch als literarischer Autor.

Zum Buch:
In seinem fiktiven Roman erzählt von Schirach die Geschichte des Fabrizio Collini, der viele Jahre friedlich in der Bundesrepublik arbeitet und nach seiner Rente plötzlich einen ca. 20 Jahre älteren Mann tötet, ja sogar hinrichtet. Vier Schüsse in den Hinterkopf feuerte er auf Hans Meyer, einen Großindustriellen ab. Danach ruft Collini die Polizei, lässt sich anstandslos festnehmen und gibt die Tat unumwunden zu. Zum Motiv schweigt er jedoch.

Der junge Anwalt Caspar Leinen bekommt den Fall zugewiesen, weil er an diesem Tag Dienst hat. Der Fall scheint klar und keine große Sache zu sein. Er spricht mit seinem Mandanten, bekommt jedoch keinerlei Hintergrundinformationen. Bei der ersten Anhörung beantragt er als Pflichtverteidiger eingetragen zu werden. Erst später erfährt er von der Enkelin des Mordopfers, dass es sich bei dem Getöteten um den Großvater seines besten Freundes handelt. Mehr noch, dieser Hans Meyer war für ihn jahrelang seine Ersatzfamilie. Sein Vater steckte ihn in ein Internat, wo er seinen besten Freund kennenlernte. Seitdem verbrachten sie viele gemeinsame Ferien im Hause des Großindustriellen. Als sein bester Freund nach dem Abitur plötzlich bei einem Autounfall ums Leben kommt, bricht der Kontakt jedoch ab. Nun wird er in der Gegenwart mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert und muss doch für seinen Mandanten den Fall bestmöglich vertreten.

Hin- und hergerissen überlegt er sogar den Fall abzugeben. Doch gerade der Anwalt der Gegenpartei zeigt ihm auf, wofür er all die Jahre studiert hat: Justizia muss auch den Tätern die Chance geben, ihre Taten zu rechtfertigen. Die Frage nach dem „Warum“ ist das zentrale Thema des Buches.

Caspar Leinen macht sich an die Arbeit und deckt nach und nach nicht nur einen mysteriösen Mordfall in der Gegenwart auf, sondern auch einen Justizskandal, der Ende der 60er Jahre für allerlei Aufmerksamkeit sorgte, als damals ein zunächst unscheinbares Gesetz in Kraft trat. Das dieses Gesetz gut 60 Jahre später in Vergessenheit geraten ist, ändert nichts an der Brisanz, die dieses Thema aufwirft und so führt der junge Anwalt mit seinem Wissen die Wendung in diesem Fall herbei.

Meine Meinung:
Schuld, Sühne, Gerechtigkeit und Rache, dass sind die Themen, denen sich von Schirach in seinem ersten fiktiven Roman annimmt. Ich finde die Bücher von von Schirach einfach nur toll, weil sie nicht nur daher geschrieben sind, sondern auch etwas über Geschichte, Justiz und die zentralen Fragen im Leben vermitteln wollen. Dieser Roman macht da keine Ausnahme. Die etwa 200 Seiten fliegen nur so dahin und sind doch keine leichte Kost.
Als der Autor dann auch noch die Bombe platzen lässt, war ich regelrecht geschockt was in unserem deutschen Rechtssystem vor sich geht. Ich danke dem Autor dafür, dass ich (wieder mal) etwas gelernt habe und hoffe, es folgen noch viele weitere Bücher. Bravo!

sanja

Lars Kepler – Flammenkinder
Bastei Lübbe
620 Seiten
ISBN: 978-3-7857-2463-7
19,99 €

Zu den Autoren:
Wer kennt sie mittlerweile nicht? Das Ehepaar Alexandra und Alexander Ahndoril, besser bekannt unter dem Namen „Lars Kepler“, die mit „Flammenkinder“ ihren nunmehr dritten Kriminalroman um den verschlossenen aber scharfsinnigen Ermittler Joona Linna veröffentlicht haben.

Ich durfte den dritten Teil vorab lesen und meine Eindrücke mit anderen in der Lesejury von Bastei Lübbe teilen. Darüber habe ich mich wirklich sehr gefreut.

Zum Buch:
Der neue Roman von Lars Kepler beginnt direkt mit einem Paukenschlag: In einer Einrichtung für schwer erziehbare Jugendliche werden eines Nachts die Betreuerin Elisabeth und ein junges Mädchen namens Miranda, brutal ermordet. Die Polizei ist alarmiert und beginnt noch in der Nacht mit ihren Untersuchungen. Keines der anderen Mädchen will etwas gesehen haben und doch gestaltet sich die Zeugenbefragung im weiteren Verlauf mehr als schwierig, da diese Mädchen sich gegen jeden auflehnen und profilieren wollen. Der Leiter der Einrichtung und gleichzeitig der psycholische Ansprechpartner für die Mädchen ist tief erschüttert, denn die getötete Betreuerin ist seine Ehefrau.

Schnell hat die Polizei die erste Verdächtige ermittelt: ein junges Mädchen, ebenfalls aus dieser Einrichtung und hochgradig gefährlich, weil sie zu extremen Gewaltausbrüchen neigt. Als kurz darauf noch ein Auto, in dem ein kleiner Junge saß, entwendet wird, ist sich die Polizei sehr sicher, in ihr die Täterin gefunden zu haben. Kurz danach wird das Auto aus dem Fluß geborgen und die Polzei erklärt sowohl das Mädchen, als auch den kleinen Jungen für Tod und stellt die Ermittlungen ein.
Nicht so Joona Linna. Der Fall lässt ihn nicht mehr los. Es bleiben Fragen offen, die niemand beantworten kann. daher stellt er weitere Ermittlungen an und glaubt fest daran, dass das Mädchen und der Junge noch am Leben sind und quer durch Schweden fliehen.
Dann taucht plötzlich ein Zeugin auf, die behauptet, den Mord und die Tatwaffe gesehen zu haben. Kann Joona ihr trauen? Kann sie zur Auflösung des Falles beitragen oder ist sie nur eine Hochstaplerin? Denn schnell kommt ans Licht, dass sie eine Wahrsagerin ist.

Gemeinsam mit einer ehemaligen Pflegemutter von Vicky, dem verschwundenen Mädchen, macht sich Joona auf die Suche nach ihr und weiteren Antworten. Als Joona Linna dem Täter immer näher kommt, wird es nicht nur für ihn, sondern auch für die anderen, die in den Fall verwickelt sind, gefährlich.

Die Geschichte zieht den Leser vom ersten Augenblick an tief in seinen Bann und manchmal kann man sich vor Spannung kaum Aufrecht halten! Dem Autorenduo ist mit dem dritten Fall von Joona Linna ein würdiger Nachfolger gelungen. Ich muss sagen, dass ich inzwischen ein richtiger Linna-Fan geworden bin, denn der toughe Ermittler mit den eisblauen Augen hat es mir irgendwie angetan. Unkonventionell, aber gut.

Der Erzählstil ist wie üblich im Präsens geschrieben, was zunächst merkwürdig erscheint, doch aber eine bessere Erzähweise ermöglicht. Zwischendurch werden immer wieder Geschehnisse vorweggenommen. Der Leser wird auf den weiteren Verlauf vorbereitet und fiebert dadurch umso aufgeregter mit!

Ein wenig enttäuscht war ich, dass ich irgendwie den richtigen Riecher bewiesen habe und den Täter schon früh enttarnt habe. Dennoch war das Buch weiterhin spannend, ob der vielen Wendungen. Ebenso finde ich es bemerkenswert, dass die Autoren stets so viele verschiedene Handlungsstränge gekonnt miteinander zu verweben wissen. Am Ende ergibt alles einen Sinn und der Leser wird nicht im Regen stehen gelassen.

Gut 30-40 Seiten vor Ende des Buches ist der Fall gelöst. Nanu, denkt der Leser, und jetzt? Was passiert auf den restlichen Seiten? Nun, es wird die Handlung unterbrochen und der Leser erfährt endlich einiges über Joona Linna’s Privatleben, seine Familie sein Leben. Zunächst fand ich diesen „Bruch“ sehr merkwürdig. Doch im Prinzip hätte es nicht anders gepasst. Der Teil aus seinem Privatleben musste erzählt werden und wenn es mittendrin wäre, wäre wohl der „Bruch“ noch viel größer gewesen.

Das Cover mit dem Vögelchen finde ich sehr schön und passt zum Rest der Reihe. Doch bin ich der Meinung, dass der schwedische Titel “ Eldvittnet“, was soviel wie „Zeugin des Feuers“ bedeutet, als auch das schwedische Cover, welches Miranda zeigen soll, viel passender ist, als das unsrige.

Ich kann dem Buch auf jeden Fall nur Gutes abgewinnen. Ich vergebe volle 5 Punkte und hoffe, der nächste Teil, lässt nicht allzu lange auf sich warten *hibbel*.

Und jetzt: Lest! Und bildet Euch selbst ein Urteil über den besten schwedischen Ermittler!

sanja

Wenn Albträume Wirklichkeit werden – und selbst der Tod nicht davor schützt

Lars Kepler – Paganinis Fluch
Bastei-Lübbe
621 Seiten
ISBN: 978-3-7857-2428-6
19,99 €

Zu den Autoren:
Hinter dem Pseudonym Lars Kepler verbirgt sich das schwedische Ehepaar Alexandra und Alexander Ahndoril. Sie leben mit ihren drei Kindern in der Nähe von Stockholm.
Als Ihr Debut „Der Hypnotiseur“ in Schweden erschien, hat dies eine wahre Begeisterungswelle ausgelöst. Nicht zuletzt auch, weil die Leser wissen wollten, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt.
Ihr zweiter Kriminalroman „Paganinis Fluch“ knüpft nahtlos an den Erfolg seines Vorgängers an.

Zum Buch:
Der finnischstämmige Ermittler Joona Linna hat es in seinem zweiten Fall mit einem äußerst perfiden, skupellosen und heimtückischen Mörder zu tun, der die schlimmsten Albträume seiner Gegner kennt – und diese auch wahr werden lässt.

Carl Pamcrona, Generaldirektor der staatlichen Waffenkontrollbehörde in Schweden wird erhängt in seiner Wohnung aufgefunden. Das Zimmer, in dem er sich erhängt hat, ist völlig leer und es gibt nichts worauf er hätte steigen können, um so den Sebstmord zu begehen.
Zeitgleich wird eine junge Frau auf einer leeren Jacht, die ziellos in den Schären treibt, gefunden. Doch auch ihr Tod gibt der Polizei Rätsel auf: Sie ist ertrunken, ihre Kleider sind jedoch völlig trocken und die Jacht intakt.

Es dauert nicht lange bis der alarmierte Ermittler Joona Linna sich in die Fälle verbeisst. Er gräbt und gräbt, obwohl die Ermittlungen bereits offiziell eingestellt sind und findet als einziger einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen. Fortan ist er davon überzeugt, dass eine dritte und vierte Person in Gefahr und auf der Flucht vor dem Mörder sind. Die Spuren führen Joona in hohe politische Kreise, aber gleichzeitig auch ins Waffenhändlermilieu. Beides scheint miteinander verwoben, aber er wird immer wieder ausgebremst. Seine einzige Verbündete: Saga Bauer vom Staatsschutz. Doch auch gemeinsam werden ihnen immer wieder Steine in den Weg gelegt, sogar aus den eigenen Reihen, die es zu bekämpfen gilt, wenn weitere Morde verhindert werden wollen. Der Täter ist ihnen immer einen Schritt voraus und verfolgt sein Ziel gnadenlos.

Es stand außer Frage für mich diesen Kriminalroman zu lesen, war ich doch damals auf der Lesung von Lars Kepler mit Kirill Troussov (einen Bericht findet Ihr hier) in Bonn. Die einzigartige Atmosphäre genügte, um mich schon im Vorfeld von dem zweiten Roman des Autorenduos zu überzeugen. Als ich dann auch noch von Bastei Lübbe für die Lesejury Oktober zum Nachfolger „Flammenkinder“ ausgewählt wurde, musste ich noch schnell den zweiten Teil „einschieben“.

Dem Autorenduo ist es wieder einmal gelungen, ein hochaktuelles Thema in einen spannenden Kriminalroman zu integrieren. Ohne den Zeigefinger zu erheben, wird man auf das eigentliche Thema des Buches gestoßen: Waffengeschäfte, mit denen sich Millionen und Abermillionen verdienen lassen.

Es gibt mehrere Erzählstränge, die langsam und stetig aufeinander zulaufen. Gerade dies macht den Roman so spannend, da der Leser zunächst nicht weiß, wie er alles miteinander verbinden soll. Verwirrung ist angesagt und auch der Titel „Paganinis Fluch“ hilft nicht wirklich weiter. Der schwedische Originaltitel heißt übrigens „Paganinikontraktet“, was soviel heißt wie, „Pagaganinis Vertrag“. Diesen Titel finde ich weitaus passender.
Im letzten Drittel fliegen die Seiten nur so dahin und enden abschließend in einem dramatischen Finale.

Mit Joona Linna, dem smarten, gutaussehenden, finnischstämmigen Ermittler ist Lars Kepler einer der besten Ermittler in der heutigen Zeit gelungen. Ein rauer Einzelkämpfer, jedoch mit einem weichen Kern und mit dem Blick fürs Wesentliche. Über sein Privatleben erfährt der Leser nur wenig. Aber gerade diese wenigen Andeutungen lassen erahnen, dass hier noch lange nicht das ermittlerische Ende erreicht ist. Der dritte Roman wartet schon und ist gerade erst am 12. Oktober erschienen. Und auch Flammendkinder steht seinem Vorgänger mal wieder in nichts nach.

sanja