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Magellan-Verlag

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Christoph Scheuring - Echt1

Christoph Scheuring – Echt
Magellan-Verlag
255 Seiten
ISBN: 978-3-7348-5001-1
ab 14 Jahren

[wc_highlight color=“red“]Zum Autor:[/wc_highlight]
Christoph Scheuring, geboren 1957, arbeitete bereits als Journalist für die großen Zeitungen, wie DER SPIEGEL, oder DIE ZEIT.

[wc_highlight color=“red“]Zum Buch:[/wc_highlight]
Albert geht Tag für Tag an den Bahnhof, um die Menschen dort zu studieren und im perfekten Moment auf den Auslöser seiner Digitalkamera zu drücken. Albert hat ein ungewöhnliches Hobby: er sammelt Abschiede. Eines Tages lernt er Kati kennen. Sie lebt in einem alten Boot auf einem Schrottplatz und kennt den täglichen Kampf ums Überleben. Durch sie und ihre Freunde lernt Albert noch eine ganz andere Seite von Hamburg kennen, eine schmutzige und verrohte. Als Kati sich für eines seiner Abschiedsbilder interessiert, machen sich die beiden auf, um die Wahrheit hinter diesem Bild zu suchen. Eine Wahrheit, die schmerzlicher ist als alles, was Kati bisher erlebt hat.

[wc_highlight color=“red“]Meine Meinung:[/wc_highlight]
Das Buch ist schon harter Tobak. Es zeigt die dunklen Facetten einer Großstadt. Die Randgruppen. Die, um die man besser einen Bogen macht. Doch Albert schaut nicht weg, als er sie erkennt. Denn auch diese Menschen haben jeder ihr eigenes Schicksal, dass sie bis dorthin geführt hat. Jeder hat seine Gründe wegzulaufen, vor einer Gesellschaft, in die er nicht hineinpasst.

Gut gefallen haben wir die unterschiedlichen Charaktere: Da ist zum einen Albert. Er ist 16 Jahre alt und lebt mit seinem verschrobenen Vater zusammen. Seine Mutter hat die beiden schon vor Jahren verlassen. Auf seinen Streifzügen durch Hamburg begegnet er Kati. Kati, die ihn nicht mehr loslässt, die hübscheste Eule des Universums.

Ich schaute sie an, wie sie da auf dem Dach saß und zum Horizont schaute. Ihre Hooliganhände. Die schmalen Arme. Die weichen Lippen. Und die Trauer und Fröhlichkeit, die in ihrem Gesicht so dicht beieinanderwohnten.
Christoph Scheuring // Echt // Seite 60

Kati ist geheimnisvoll, eigenständig und zieht Albert magisch an, wenn sie ihn nicht gerade wegstößt. Kati ist verletzlich und Albert möchte sie beschützen, doch das würde Kati niemals zugeben.

Einer von Katis Freunden ist Sascha. Ein Junkie, der manchmal tagelang zugedröhnt ist und trotzdem wie eine Mutter oder eher wie ein Vater für die anderen auf der Platte sorgt. Da ist zum Beispiel Rico, der zwar Shit rauchen darf, aber sobald ihn Sascha mit was Härterem erwischen würde, würde er ihn umbringen. Oder Mona, die jegliche Würde verloren hat und sich jedem hingibt.  Trotzdem teilen alle das Wenige, was sie haben, miteinander.

Albert wird schnell in die Gruppe aufgenommen. Man verleitet ihn zu allerlei Straftaten, doch nicht so, dass man ihm wünscht, in die schiefe Bahn abzudriften. Denn schließlich hat Albert etwas, von dem alle Träumen: einen festen Wohnsitz und auch die Zukunft, etwas aus einem Leben zu machen.

Dieser Sommer ist für Albert ein einziges großes Abenteuer. In diesem Sommer findet er nicht nur Freunde, sondern auch endlich zu sich selbst und wird Erwachsen.

Christoph Scheuring - Echt2

Man erkennt, wie schnell man von einem guten Leben in die Obdachlosigkeit abrutschen kann und was man tun sollte, um dies zu vermeiden. Dies ist kein belehrender Roman, auch keine Milieustudie sondern eine Geschichte mitten aus dem Leben. Er erzählt aber auch von wahrer Freundschaft, die keine Vorurteile kennt.

[wc_highlight color=“red“]Fazit:[/wc_highlight]
Ein Abenteuerroman, der nicht im Urwald-Dschungel sondern im Großstadt-Dschungel spielt und bei weitem kein Happy-End birgt. Eben wie im echten Leben.
Von mir eine klare Leseempfehlung!

P.S. Der Wal hat sich für das Foto nicht in Lebensgefahr begeben. Die Gleise sind stillgelegt und höchstens zu trocken!

Sanja

 

Rusalka Reh – Back to blue
Magellan-Verlag
204 Seiten
ISBN: 978-3-7348-5606-8
14,95 €

[wc_highlight color=“red“]Zur Autorin:[/wc_highlight]
Rusalka Reh wurde 1970 in Melbourne geboren und lebt mittlerweile in Leipzig. Sie schreibt Kinder- und Jugendbücher und hat für ihre Arbeiten viele Preise bekommen.

[wc_highlight color=“red“]Zum Buch: [/wc_highlight]
Kid hat gelernt, sich unsichtbar zu machen. Nicht auffallen, sich zu verstecken, um bloß keine Aufmerksamkeit zu erregen. Denn Kid ist unerwünscht im eigenen Elternhaus. Sie hat nie so etwas wie Glück und Liebe erfahren. Beide Elternteile drangsalieren sie, wo sie nur können, doch ihre Mutter ist manchmal richtig bösartig und erfreut sich regelrecht daran, ihre Tochter zu verletzen. Nicht körperlich, jedenfalls nicht immer, sondern mit Worten. Diese Worte treffen Kid sehr. Doch als sie den jungen Maxim kennen lernt und sich beide ineinander verlieben, erfährt sie zum ersten Mal, was es heißt Geborgenheit zu spüren. Wenn nur nicht ihre Eltern wären.

[wc_highlight color=“red“]Meine Meinung: [/wc_highlight]
Was es heißt, in solch einer Familie aufzuwachsen, kann man sich kaum vorstellen. Mit perfider Grausamkeit macht Kid’s Mutter ihr das Leben schwer. Beleidigungen sind an der Tagesordnung und immer wieder bekommt sie zu hören, dass sie dumm und unnütz sei. Der Vater will nur seine Ruhe, ist aber im Grunde mit seiner Frau einer Meinung.

Die Handlung spielt sich nur indirekt ab. Wir erfahren aus der Sicht der jungen Kid, was ihr geschehen ist, als sie ihre Erlebnisse in ihr neues Tagebuch schreibt. Dieses Tagebuch hat sie sich selbst zum Geburtstag geschenkt. Einen Monat zuvor hat sie Maxim kennengelernt. Er arbeitet in der russischen Bar seiner Mutter, dem Pasternak. Dorthin ist Kid nur zufällig gelangt und hat sofort Maxim’s Aufmerksamkeit erregt.

Kid ist eigentlich eine fröhliches junges Mädchen, das sich über alltäglich Dinge erfreut. Sie schreibt gern Gedichte und träumt von einem besseren Leben als Schriftstellerin, fernab ihres Elternhauses. Doch in Wirklichkeit kennt sie ihre Eltern gar nicht anderes und hat nie so etwas wie Liebe erfahren. Manchmal findet sie ihre Mutter sogar richtig nett, was bei mir als Außenstehende, immer für einen faden Beigeschmack sorgte.

Maxim, der genau wie Kid, von seiner Mutter keine Liebe erfährt, ist auch ein Außenseiter. Beide haben viel gemeinsam und auch Maxim schreibt gerne Gedichte.

Weißt du, wie wir in Russland ein schwarzes Schaf nennen?, hat Maxim gleich am ersten Abend gefragt […]
Nein, wie denn?, habe ich gefragt.
Weiße Krähe, sagte er.
Das ist schön, sagte ich. Ich wäre lieber eine weiße Krähe, wenn ich schon das schwarze Schaf sein muss!
Rusalka Reh // Back to blue // Seite 8

Das schwarze Schaf Maxim und die weiße Krähe Kid treffen sich immer häufiger, schreiben sich Liebesgedichte und träumen von einer gemeinsamen Zukunft.  Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und Kid wird jeglicher Umgang mit ‚dem Russen‘ untersagt, sie bekommt sogar striktes Hausverbot.

Kid ist verzweifelt. Doch gerade in dieser Zeit lernt sie, dass es sich manchmal lohnt zu kämpfen und aufzubegehren. Plötzlich bekommt Kid Hilfe von unerwarteter Seite und so schafft sie es, sich ein kleines Stückchen Glück zu erkämpfen. Schließlich gelingt es ihr, mithilfe ein paar Tricks und Lügen, eine Freundin auf Madeira zu besuchen. Nun hat Kid zum ersten Mal die Möglichkeit aufzuatmen. Kann sie ihr altes Leben hinter sich lassen?

Das Buch hat in mir vielerlei ausgelöst. Rusalka Reh schafft es, genau im richtigen Moment leise Töne anzuschlagen, um dann an anderer Stelle unsagbar laut und mit immenser Brutalität aufzubrechen. Wir müssen jedoch gewahr werden: Kinder, die im eigenen Elternhaus verletzt werden, müssen nicht unbedingt körperlich misshandelt werden. Seelische Grausamkeit ist ein ebenso herber, wenn nicht gar größerer Schaden den die Seele nimmt.

Ich bin glücklich, aber nur ganz vorsichtig, denn ich weiß, wenn das Glück besonders hell dahergeht, kommt danach sofort die Wolke. Deshalb bin ich ganz leise und atme flach, damit es nicht erschrickt, das Glück.
Rusalka Reh // Back to blue // Seite 9

Manchmal möchte ich Kid schütteln und rütteln, damit sie endlich aufwacht aus ihrer Naivität und nicht immer nur das gute in ihren Eltern sieht, sondern das, was sie sind: Monster. Keine Eltern, die man einem Kind wünscht, ja noch nicht einmal ein Haustier wünscht man sich in ihre Obhut.

Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei Dinge sind die Elementarteilchen, die Kid helfen, die schlimmsten Zeiten zu überstehen. Mehr braucht es nicht im Leben. Man möchte ihr am liebsten alles Glück der Welt wünschen.  Doch tief drinnen weiß man, sie wird wohl ihren Weg gehen.

Wie immer beim Magellan-Verlag ist die Aufmachung wunderschön und passend. Am liebsten möchte man alle Bücher dieses Verlages sein eigen nennen, soviel Liebe, soviel Potential steckt in ihnen.

[wc_highlight color=“red“]Fazit: [/wc_highlight]
Back to blue ist eine unglaublich leise Geschichte und zugleich doch unsagbar laut. Sie hinterlässt tiefen Spuren der Wut, Verzweiflung und Hoffnung.
Eine klare Leseempfehlung!