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Arno Strobel – Der Sarg
Fischer-Verlag
364 Seiten
ISBN: 978-3-596-19102-4
9,99 €

Zum Autor:
Arno Strobel wurde im Jahr 1962 in Saarlouis geboren und lebt heute mit seiner Familie in Trier. Näheres unter
www.arno-strobel.de

Zum Buch:

Eva erwachte in vollkommener Dunkelheit“  Erster Satz S. 9

Der neue Roman von Arno Strobel entführt den Leser direkt mitten hinein in die Geschichte. Wo andere Autoren zaghaft beginnen die Charaktere einzuführen, fackelt Herr Strobel nicht lange und lässt den Leser direkt an dem persönlichen Albtraum der Protagonistin Eva teilhaben:
Sie erwacht in vollkommener Dunkelheit. Nur allmählich dämmert ihr, dass sie sich nicht mehr in ihrem Bett sondern ganz woanders befinden muss. Als sie versucht sich aufzurichten, stößt Eva sich den Kopf und begreift das ganze grauenvolle und klaustophobische Ausmaß ihres Dilemmas: Sie ist in einem Sarg eingesperrt und sie hat keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen ist! Sie versucht sich zu befreien und kann doch nichts ausrichten gegen diese Schwärze und Enge. Erschöpft schläft sie ein. Als Eva wieder erwacht, liegt sie in ihrem eigenen Bett und fragt sich, ob alles nicht nur ein sehr realer Albtraum gewesen ist. Wären da nicht die blauen Flecke und Schrammen an ihrem ganzen Körper gwesen, so als hätte sie mit aller Macht versucht, sich aus einem Sarg zu befreien. Eva kann sich keinen Reim darauf machen. Doch als sie die Tagszeitung aufschlägt, trifft sie fast der Schlag: eine Frau wurde gefesselt in einem Sarg gefunden. Nicht nur das: die Tote war ihre Halbschwester…

Hauptkommissar Menkhoff, den mancher noch aus „Das Wesen“ kennt und seine Partnerin Jutta ermitteln, kommen jedoch nicht so recht voran in diesem verzwickten Fall. Der Täter ist ihnen immer einen Schritt voraus. Ohne die Hinweise, die er der Polizei zukommen lassen würde, könnten sie wohl niemals den nächsten Tatort bzw, Sarg finden. Doch jedes Mal, wenn sie dort ankommen, ist das Opfer bereits erstickt.

Der Autor erzählt abwechselnd aus mehreren Sichtweisen: Zum einen sind da die Ermittler Menkhoff und Jutta, zum anderen begleitet der Leser Eva, eine gewisse Britta und „Ihn“ durch die Geschichte. Alle scheinen etwas miteinander zu tun zu haben. Was, wird jedoch erst zum Ende hin klar.

Herr Strobel versteht es, den Leser von der ersten Seite in seinen Bann zu ziehen. Die nur spärliche Bekanntgabe von Informationen, die schnellen Szenenwechsel und die kurzen Kapitel tragen zum Erfolg bei. Man will immer nur weiterlesen, kann nicht aufhören und begreift doch allmählich, dass der Täter losgelöst von allem menschlich erdenkbaren arbeitet und handelt.
Sehr eindringlich beschreibt der  Autor die Umstände, unter denen Eva leidert: ihre Gefangenheit, der Albtraum zwischen Realität und Wahnsinn sowie die Sorge um den eigenen Verstand.

Das eigentliche Thema des Buches, die Misshandlungen und der Missbrauch an Kindern, wird hier keinesfalls abgedroschen behandelt. Trotzdem musste es ausgerechnet wieder dieses Thema sein. Obwohl es mittlerweile zur Genüge als Hintergrund diverser psychopathischer Täter herhalten musste, habe ich doch noch etwas Neues gelernt. So muss das sein 😉

Für mich war es der erste Strobel, den ich im Rahmen einer Leserunde gelesen habe. Es wurde viel spekuliert, doch die Auflösung blieb für mich im Verborgenen. Ich mag es, wenn ich miträtseln kann und doch noch am Ende eine Überraschung auf mich wartet.

Der Pyschothriller hat mich überzeugt und wird mit Sicherheit nicht der Letzte von Herrn Strobel gewesen sein.

sanja

Anna im blutroten Kleid von Kendare Blake

Kendare Blake – Anna im blutroten Kleid
Heyne Verlag
382 Seiten
ISBN: 978-3-453-31419-1
8,99 €

[wc_highlight color=“red“]Zur Autorin: [/wc_highlight]
Kendare Blake, die mit „Anna im blutroten Kleid“ ihr Romandebüt veröffentlichte, studierte in London Creative Writing. Sie lebt in Washington.

[wc_highlight color=“red“]Zum Roman: [/wc_highlight]
In der Kleinstadt Thunder Bay in Kanada, treibt seit Jahren ein Geist umher: „Anna im blutroten Kleid“ verbreitet Angst und Schrecken. Sie soll mehrere Jugendliche bestialisch ermordet haben. Ebenso grausam, wie sie einst selbst ermordet wurde, als sie auf dem Weg zum Schulball ihr Leben ließ und sich ihr weißes Ballkleid blutrot verfärbte…
Doch dann taucht plötzlich der 17-jährige Cas Lowood in Thunder Bay auf. Er will sich Anna in den Weg stellen. Das ist seine Bestimmung. Er ist Geisterjäger.

Cas Lowood, der seine Gabe und das benötigte „Werkzeug“, seine Athame, von seinem Vater erbte, reist im ganzen Land umher, um dann Geistern den gar auszumachen. Zu diesem Zweck hat er einige Informanten, ehemalige Freunde des Vater oder Anhänger seiner Kunst. Hin und wieder bekommt er auch Hinweise aus der Bevölkerung. Doch „Anna im blutroten Kleid“, ist alles andere als ein gewöhnlicher Geist. Um sie besiegen zu können, muss er die Hilfe einiger Mitschüler in Anspruch nehmen. Doch das widerstrebt Cas sehr, ist er doch ein Einzelgänger, wie er im Buche steht.

Ich mag Orte wie diesen, wo man bei jedem siebten Atemzug den Hauch des Todes schmecken kann.
S. 30

Leicht hat er es nicht, wenn er stets in eine neue Stadt kommt und sich auf die neue Umgebung, Schule etc. einstellen muss. Dieses Mal findet er das, was er nie für möglich gehalten hätte: echte Freunde, auf die er sich auch noch verlassen kann. Doch auch gemeinsam ist es schwer, den Geist zu besiegen. Anna ist sehr stark und zehrt von einer Rache, die ihresgleichen sucht. Cas gibt nicht auf und findet gerade in Anna seine erste Verbündete. Doch wie kann er das Böse in Anna zerstören und gleichzeitig das Geistermädchen retten?

[wc_highlight color=“red“]Meine Meinung: [/wc_highlight]
Eigentlich handelt es sich bei „Anna im blutroten Kleid“ nicht um meine bevorzugte Lektüre. Doch als bei Lovelybooks eine Leserunde mit Autorenbegleitung angeboten wurde, wurde ich neugierig und habe mich beworben.

Ich muss sagen, dass Buch hat mich wahrlich positiv überrascht. Es war wie ein spannender Film und eigentlich nie langweilig. Die Geschichte hält einige Wendungen parat und ständig präsentiert die Autorin neue Aha-Momente, auf die ich nicht gefasst war.
Das Buch bereitete mir ein kurzweiliges Lesevergnügen. Es ist ein Buch, dass man auch gut zwischendurch lesen kann, nicht anspruchsvoll, aber dennoch temporeich. Einzig die Brutalität, die mit Sicherheit zur Geschichte passt, aber meiner Meinung nach für 14-Jährige ein wenig zuviel des Guten ist, haben mein Leseerlebnis ein wenig getrübt.

In Amerika ist der zweite Teil „Girl of Nightmares“ bereits als Harcover erschienen. Laut Amazon soll es im März als Taschenbuch auf Englisch erscheinen und ich habe mir überlegt die Fortsetzung dann zu lesen.

Collini

Ferdinand von Schirach – Der Fall Collini
Piper Verlag
208 Seiten
ISBN: 9783492054751
16,99 €

Zum Autor:
Ferdinand von Schirach, geboren 1964 in München, arbeitet seit 1994 als Anwalt und Strafverteidiger in Berlin. Zu seinen Mandanten gehören Industrielle, Prominente, Angehörige der Unterwelt und ganz normale Menschen. Mit seinem Debüt “Verbrechen” gelang ihm 2009 auf Anhieb der Durchbruch als literarischer Autor.

Zum Buch:
In seinem fiktiven Roman erzählt von Schirach die Geschichte des Fabrizio Collini, der viele Jahre friedlich in der Bundesrepublik arbeitet und nach seiner Rente plötzlich einen ca. 20 Jahre älteren Mann tötet, ja sogar hinrichtet. Vier Schüsse in den Hinterkopf feuerte er auf Hans Meyer, einen Großindustriellen ab. Danach ruft Collini die Polizei, lässt sich anstandslos festnehmen und gibt die Tat unumwunden zu. Zum Motiv schweigt er jedoch.

Der junge Anwalt Caspar Leinen bekommt den Fall zugewiesen, weil er an diesem Tag Dienst hat. Der Fall scheint klar und keine große Sache zu sein. Er spricht mit seinem Mandanten, bekommt jedoch keinerlei Hintergrundinformationen. Bei der ersten Anhörung beantragt er als Pflichtverteidiger eingetragen zu werden. Erst später erfährt er von der Enkelin des Mordopfers, dass es sich bei dem Getöteten um den Großvater seines besten Freundes handelt. Mehr noch, dieser Hans Meyer war für ihn jahrelang seine Ersatzfamilie. Sein Vater steckte ihn in ein Internat, wo er seinen besten Freund kennenlernte. Seitdem verbrachten sie viele gemeinsame Ferien im Hause des Großindustriellen. Als sein bester Freund nach dem Abitur plötzlich bei einem Autounfall ums Leben kommt, bricht der Kontakt jedoch ab. Nun wird er in der Gegenwart mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert und muss doch für seinen Mandanten den Fall bestmöglich vertreten.

Hin- und hergerissen überlegt er sogar den Fall abzugeben. Doch gerade der Anwalt der Gegenpartei zeigt ihm auf, wofür er all die Jahre studiert hat: Justizia muss auch den Tätern die Chance geben, ihre Taten zu rechtfertigen. Die Frage nach dem „Warum“ ist das zentrale Thema des Buches.

Caspar Leinen macht sich an die Arbeit und deckt nach und nach nicht nur einen mysteriösen Mordfall in der Gegenwart auf, sondern auch einen Justizskandal, der Ende der 60er Jahre für allerlei Aufmerksamkeit sorgte, als damals ein zunächst unscheinbares Gesetz in Kraft trat. Das dieses Gesetz gut 60 Jahre später in Vergessenheit geraten ist, ändert nichts an der Brisanz, die dieses Thema aufwirft und so führt der junge Anwalt mit seinem Wissen die Wendung in diesem Fall herbei.

Meine Meinung:
Schuld, Sühne, Gerechtigkeit und Rache, dass sind die Themen, denen sich von Schirach in seinem ersten fiktiven Roman annimmt. Ich finde die Bücher von von Schirach einfach nur toll, weil sie nicht nur daher geschrieben sind, sondern auch etwas über Geschichte, Justiz und die zentralen Fragen im Leben vermitteln wollen. Dieser Roman macht da keine Ausnahme. Die etwa 200 Seiten fliegen nur so dahin und sind doch keine leichte Kost.
Als der Autor dann auch noch die Bombe platzen lässt, war ich regelrecht geschockt was in unserem deutschen Rechtssystem vor sich geht. Ich danke dem Autor dafür, dass ich (wieder mal) etwas gelernt habe und hoffe, es folgen noch viele weitere Bücher. Bravo!

sanja