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Jessi Kirby – Dein eines, wildes, kostbares Leben
Kosmos-Verlag
301 Seiten
ISBN: 978-3-440-14448-0
14,99 €
ab 14 Jahren

[wc_highlight color=“red“]Zur Autorin: [/wc_highlight]
Jessi Kirby arbeitete früher als Englischlehrerin, doch nun widmet sie sich ganz dem Schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie in Kalifornien.

[wc_highlight color=“red“]Zum Buch: [/wc_highlight]

Sag mir, was hast du vor mit deinem einen, wilden kostbaren Leben?
Mary Oliver

Die 17-jährige Parker Frost hat in ihrem Leben schon viel erreicht und steht kurz davor ein Stipendium für ein Medizinstudium an der Stanford Universität zu erhalten. Doch als sie per Zufall das Tagebuch von Julianna Farnetti in die Hände bekommt, steht ihr eigenes Leben plötzlich Kopf. Julianna und ihr Freund Shane sind vor genau 10 Jahren tödlich verunglückt. Ihnen zu Ehren wurde von den Familien das Stipendium eingerichtet, dass jedes Jahr an die Besten verliehen wird. Parker steht ganz oben auf der Liste, doch sie muss noch eine letzte Prüfung bestehen: eine Rede halten, die der Jury zeigt, dass genau sie die Richtige für das Stipendium ist. Doch ist Parker das überhaupt?

[wc_highlight color=“red“]Meine Meinung: [/wc_highlight]
Parker Frost wächst wohlbehütet bei ihrer Mutter auf. Das einzige Problem: ihre Mutter ist extrem ehrgeizig und hat schon das ganze Leben von Parker durchgeplant. Lernen, gute Noten, das Stipendium und anschließend ein Medizinstudium. Parker macht alles,  was ihre Mutter wünscht, um sie nicht zu verärgern. Nie begehrt sie auf oder widerspricht.
Doch dann arbeitet Parker freiwillig an einem Projekt ihres Englischlehrers mit. Dieser übergibt jedes Jahr ein leeres Notizbuch an seine Abschlussklasse und dem Zitat von Mary Oliver
Sag mir, was hast du vor mit deinem einen, wilden kostbaren Leben?

Die Schüler sollen es füllen, sich Gedanken um die Zukunft machen. Alle sind mit Feuereifer bei der Sache, sogar Kat, Parker’s beste Freundin.

10 Jahre später werden ebendiese Notizbücher an die Verfasser verschickt, damit sie mit ihrem damaligen Ich konfrontiert werden. Parker hilft nun die Adressen der Abschlussklasse herauszusuchen, doch dann fällt ihr das Tagebuch von Julianna Farnetti in die Hände. Sie zögert. Weiß nicht, was sie damit machen soll. Es vielleicht dem Englischlehrer geben? Die Familie ist schon vor Jahren weggezogen. Soll sie es in den See werfen, in dem Julianna damals verschwand? Doch dann obsiegt die Neugier und Parker beginnt heimlich darin zu lesen. Sie möchte wissen, wie es der damals so beliebten Schülerin ging.

Aber sosehr wir uns auch wünschen, es wäre anders: In Wahrheit schwankt unsere Welt zwischen den Entscheidungen, die wir treffen, und den Geheimnissen, die wir für uns behalten.
Jessi Kirby // Dein eines, wildes, kostbares Leben // S. 7

Zeitgleich muss sich Parker aber auch Gedanken über ihre bevorstehende Rede für das Stipendium machen. Als wäre das noch nicht genug, macht auch noch Trevor, in den sie schon seit der siebten Klasse heimlich verliebt ist, neuerdings so merkwürdige Andeutungen und ihre beste Freundin Kat verlangt von ihr einmal im Leben etwas zu tun, das  sie sonst nicht tun würde und woran sie sich später noch erinnern soll – und das alles noch vor dem Schuljahresende, das bereits in Kürze bevorsteht.

Die Ereignisse überschlagen sich, als Parker immer tiefer in das Leben von Julianna eindringt und dann noch einer unglaublichen Wahrheit auf der Spur ist. Sie beginnt zum ersten Mal, ihr eigenes Leben, ihre Wünsche und Ziele infragezustellen. Sind es nicht eher die Ziele ihrer Mutter, die sie schon seit Jahren verfolgt?

 Das Buch ist voll gespickt mit wunderbaren Weisheiten. Man fühlt sich zurückversetzt in seine eigene Vergangenheit, als man selbst vor dem einen Wendepunkt in seinem Leben stand und sich überlegen musste, wie es jetzt weitergeht.
Jedes Kapitel wird mit einem Zitat von Robert Frost eingeleitet, dem Lieblingsdichter von Parker – nicht nur wegen der Namensgleichheit. Die Liebe zu Gedichten hat sie von ihrem Vater gelernt, der selbst einmal eine preisgekrönte Gedichtsammlung veröffentlichte. Doch als weitere Erfolge ausblieben, sank gleichzeitig die Missgunst von Parkers Mutter.

Schlüssel des ganzen ist natürlich das Gedicht „The Road Not Taken“ von Robert Frost.

„Ah“, lächelt er. „Eines meiner absoluten Lieblingsgedichte, nach ‚The Road Not Taken‘ natürlich. Ein Reisender, zwei Wege und eine unausweichliche Entscheidung“.
Jessi Kirby // Dein eines, wildes, kostbares Leben // S. 278

Es spiegelt den Verlauf der Handlung wider: Parker steht vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens. Die Zeit drängt und während sie auf der einen Seite hart für ihren Erfolg gearbeitet hat, fragt sie sich doch auf der anderen Seite, ob es denn überhaupt ihrem Willen entspricht.

Ein Roman, der den schmalen Grad zwischen Kindsein und Erwachsenwerden durchbricht. Wir erleben Parkers Unentschlossenheit hautnah mit und können sie nur all zu gut verstehen. Immerhin geht es hier um ihre Zukunft.

[wc_highlight color=“red“]Fazit: [/wc_highlight]
Eine großartige Geschichte, von einer wunderbaren Erzählerin. Das Buch hätte mit Sicherheit mehr Aufmerksamkeit verdient! Ein Roman, voll gespickt mit Weisheiten. Ein Roman, der Erinnerungen heraufbeschwört.
Also was hast Du vor, mit einem einen, wilden und kostbaren Leben?

Franziska Moll – Egal wohin
Loewe-Verlag
221 Seiten
ISBN: 978-3-7855-8022-6
12,95 €
ab 14 Jahren

[wc_highlight color=“red“]Zur Autorin: [/wc_highlight]
Franziksa Moll lebt in der Nähe von Köln. Sie lernte an der Internationalen Filmschule das Drehbuchschreiben und entwickelte Sitcoms und Filmideen. Dann wechselte sie das Metier und schreibt jetzt nur noch Romane.

[wc_highlight color=“red“]Zum Buch: [/wc_highlight]
Jo ist siebzehn Jahre alt und kann ihren achtzehnten Geburtstag kaum erwarten. Dann ist sie volljährig und will von zu Hause abhauen und alles hinter sich lassen. Mit Koch ein neues Leben auf Kreta beginnen und ein eigenes Restaurant eröffnen. Koch, der nicht Koch heißt, aber Koch ist. Mehr weiß Jo nicht von ihm. Das genügt ihr jedoch für ein neues Leben.
All die schrecklichen Erinnerungen an ihr altes Leben will sie hinter sich lassen.
Eines Tages ist Koch jedoch verschwunden und mit ihm das ganze gesparte Geld für Kreta. Jo wartet. In ihr lebt ein Hoffnungsschimmer, dass Koch zum vereinbarten Treffpunkt wieder auftaucht. In dieser Zeit ist Amar ihr eine große Stütze. Er ist ein Asylbewerber der ebenfalls im gleichen Restaurant wie Jo und Koch arbeitet. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Koch und finden am Ende sich selbst.

[wc_highlight color=“red“]Meine Meinung: [/wc_highlight]
Jo, eigentlich Johanna lebt ihr eigenes Leben und will sich nicht den Konventionen ihrer Umwelt unterwerfen. Sie ist Kind wohlhabender Eltern und wohnt doch in einem Gartenhaus. Sie will auch äußerlich das genaue Gegenteil von ihrer Mutter sein und hat sich die Haare kurz geschoren. Sie soll ihr Abitur nachholen, doch Jo kellnert lieber in jenem heruntergekommenen Restaurant.
Dort hat sie Koch kennengelernt, der ihr eine große Hilfe im Leben ist. Koch, der immer eine Lebensweisheit von sich gibt und den Jo oft zitiert. Jo will so sein wie er und möchte mit ihm nach Kreta abhauen, um dort ein Restaurant zu eröffnen. Dafür lernt sie sogar extra Griechisch.

Die Geschichte beginnt elf Tage vor ihrem Geburtstag und zählt die Tage dann rückwärts. Am zehnten Tag ist Koch plötzlich verschwunden, ohne ein Wort. Dafür hat er anscheinend Amar ins Vertrauen gezogen. Amar, der die Teller spült. Ausgerechnet ihn!

Jo ist verwirrt und verletzt zugleich. Sie verhält sich Amar gegenüber kalt und abweisend. Sie stößt Amar immer wieder fort, doch er bleibt bei ihr und kümmert sich um sie. Amar, der das Leben mehr verstanden hat als sie.

Amar nickt. Er pustet in seinen Kaffee, nimmt einen vorsichtigen Schluck. „Menschen vergessen, was ist Liebe“, sagt er. „Und ohne Liebe, Mensch vergisst, wer Mensch ist“.
Franziska Moll // Egal wohin // S. 148

Jo ist ein Charakter mit Ecken und Kanten, der in keine Schublade gesteckt werden will. Auch wenn sie ihre Mitmenschen nur verletzen möchte, steckt in ihr doch selbst eine verletzte Seele.

„Egal wohin“ – der Titel ist Programm: Jo will einfach nur weg – ganz egal wohin. Weg von ihren Eltern, die ihr keine Hilfe und Stütze sind in der schweren Zeit.

Was Jo letztendlich erlebt hat und warum sie so garstig ist, wird Stück für Stück enthüllt. Man lernt sich ihr ganz langsam zu nähern. Das ist gut so, denn Jo ist wahrlich keine einfache Persönlichkeit.

Das Buch hat mehr zu bieten, als es auf den ersten Blick scheint. Es handelt von Verlust, Trauerbewältigung und der Hoffnung auf einen Neuanfang. Es ist keine leichte Liebesgeschichte; es handelt vielmehr von der Suche nach der eigenen Identität und dem Ausbruch der aufgebürdeten Enge und Konventionen.

Trotzdem hatte ich meine Probleme, da mir alles nicht rund genug erschien. Als wenn etwas fehlen würde, dass ich nicht packen kann.

[wc_highlight color=“red“]Fazit: [/wc_highlight]
Mich hat die Geschichte traurig und hoffnungslos zugleich zurückgelassen. Ein Buch das zum Nachdenken anregt. Eine Geschichte, die erst einmal verdaut werden will aber auch Hoffnung birgt.

sanja

Rusalka Reh – Back to blue
Magellan-Verlag
204 Seiten
ISBN: 978-3-7348-5606-8
14,95 €

[wc_highlight color=“red“]Zur Autorin:[/wc_highlight]
Rusalka Reh wurde 1970 in Melbourne geboren und lebt mittlerweile in Leipzig. Sie schreibt Kinder- und Jugendbücher und hat für ihre Arbeiten viele Preise bekommen.

[wc_highlight color=“red“]Zum Buch: [/wc_highlight]
Kid hat gelernt, sich unsichtbar zu machen. Nicht auffallen, sich zu verstecken, um bloß keine Aufmerksamkeit zu erregen. Denn Kid ist unerwünscht im eigenen Elternhaus. Sie hat nie so etwas wie Glück und Liebe erfahren. Beide Elternteile drangsalieren sie, wo sie nur können, doch ihre Mutter ist manchmal richtig bösartig und erfreut sich regelrecht daran, ihre Tochter zu verletzen. Nicht körperlich, jedenfalls nicht immer, sondern mit Worten. Diese Worte treffen Kid sehr. Doch als sie den jungen Maxim kennen lernt und sich beide ineinander verlieben, erfährt sie zum ersten Mal, was es heißt Geborgenheit zu spüren. Wenn nur nicht ihre Eltern wären.

[wc_highlight color=“red“]Meine Meinung: [/wc_highlight]
Was es heißt, in solch einer Familie aufzuwachsen, kann man sich kaum vorstellen. Mit perfider Grausamkeit macht Kid’s Mutter ihr das Leben schwer. Beleidigungen sind an der Tagesordnung und immer wieder bekommt sie zu hören, dass sie dumm und unnütz sei. Der Vater will nur seine Ruhe, ist aber im Grunde mit seiner Frau einer Meinung.

Die Handlung spielt sich nur indirekt ab. Wir erfahren aus der Sicht der jungen Kid, was ihr geschehen ist, als sie ihre Erlebnisse in ihr neues Tagebuch schreibt. Dieses Tagebuch hat sie sich selbst zum Geburtstag geschenkt. Einen Monat zuvor hat sie Maxim kennengelernt. Er arbeitet in der russischen Bar seiner Mutter, dem Pasternak. Dorthin ist Kid nur zufällig gelangt und hat sofort Maxim’s Aufmerksamkeit erregt.

Kid ist eigentlich eine fröhliches junges Mädchen, das sich über alltäglich Dinge erfreut. Sie schreibt gern Gedichte und träumt von einem besseren Leben als Schriftstellerin, fernab ihres Elternhauses. Doch in Wirklichkeit kennt sie ihre Eltern gar nicht anderes und hat nie so etwas wie Liebe erfahren. Manchmal findet sie ihre Mutter sogar richtig nett, was bei mir als Außenstehende, immer für einen faden Beigeschmack sorgte.

Maxim, der genau wie Kid, von seiner Mutter keine Liebe erfährt, ist auch ein Außenseiter. Beide haben viel gemeinsam und auch Maxim schreibt gerne Gedichte.

Weißt du, wie wir in Russland ein schwarzes Schaf nennen?, hat Maxim gleich am ersten Abend gefragt […]
Nein, wie denn?, habe ich gefragt.
Weiße Krähe, sagte er.
Das ist schön, sagte ich. Ich wäre lieber eine weiße Krähe, wenn ich schon das schwarze Schaf sein muss!
Rusalka Reh // Back to blue // Seite 8

Das schwarze Schaf Maxim und die weiße Krähe Kid treffen sich immer häufiger, schreiben sich Liebesgedichte und träumen von einer gemeinsamen Zukunft.  Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und Kid wird jeglicher Umgang mit ‚dem Russen‘ untersagt, sie bekommt sogar striktes Hausverbot.

Kid ist verzweifelt. Doch gerade in dieser Zeit lernt sie, dass es sich manchmal lohnt zu kämpfen und aufzubegehren. Plötzlich bekommt Kid Hilfe von unerwarteter Seite und so schafft sie es, sich ein kleines Stückchen Glück zu erkämpfen. Schließlich gelingt es ihr, mithilfe ein paar Tricks und Lügen, eine Freundin auf Madeira zu besuchen. Nun hat Kid zum ersten Mal die Möglichkeit aufzuatmen. Kann sie ihr altes Leben hinter sich lassen?

Das Buch hat in mir vielerlei ausgelöst. Rusalka Reh schafft es, genau im richtigen Moment leise Töne anzuschlagen, um dann an anderer Stelle unsagbar laut und mit immenser Brutalität aufzubrechen. Wir müssen jedoch gewahr werden: Kinder, die im eigenen Elternhaus verletzt werden, müssen nicht unbedingt körperlich misshandelt werden. Seelische Grausamkeit ist ein ebenso herber, wenn nicht gar größerer Schaden den die Seele nimmt.

Ich bin glücklich, aber nur ganz vorsichtig, denn ich weiß, wenn das Glück besonders hell dahergeht, kommt danach sofort die Wolke. Deshalb bin ich ganz leise und atme flach, damit es nicht erschrickt, das Glück.
Rusalka Reh // Back to blue // Seite 9

Manchmal möchte ich Kid schütteln und rütteln, damit sie endlich aufwacht aus ihrer Naivität und nicht immer nur das gute in ihren Eltern sieht, sondern das, was sie sind: Monster. Keine Eltern, die man einem Kind wünscht, ja noch nicht einmal ein Haustier wünscht man sich in ihre Obhut.

Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei Dinge sind die Elementarteilchen, die Kid helfen, die schlimmsten Zeiten zu überstehen. Mehr braucht es nicht im Leben. Man möchte ihr am liebsten alles Glück der Welt wünschen.  Doch tief drinnen weiß man, sie wird wohl ihren Weg gehen.

Wie immer beim Magellan-Verlag ist die Aufmachung wunderschön und passend. Am liebsten möchte man alle Bücher dieses Verlages sein eigen nennen, soviel Liebe, soviel Potential steckt in ihnen.

[wc_highlight color=“red“]Fazit: [/wc_highlight]
Back to blue ist eine unglaublich leise Geschichte und zugleich doch unsagbar laut. Sie hinterlässt tiefen Spuren der Wut, Verzweiflung und Hoffnung.
Eine klare Leseempfehlung!